Porsche Kapitel II: Goin‘ back in time.

Previously on „Poor choices regarding motorvehicles“…

[2017]

Flashback

Gedächtnismitschnitt einer Unterhaltung auf Arbeit spät am Abend in einem Monat im Jahre 2017.

Ich: Irgendwie juckt es mich zur Zeit wieder besonders. Hab den ein oder anderen günstigen 944 ins Auge gefasst. Ein guter kostet aber mind. 5000 €.

[Anmerkung aus 2024: HAR HAR]

Kollege: Na Kollege XY hat doch noch so’n Ding in Kernschrott seit Jahren auf der Weide stehen. Vielleicht möchte er sich ja davon trennen…

Dazu sei gesagt, dass besagter Kollege dazu tendiert Dinge als Schrott zu bezeichnen, die nicht in jeder Hinsicht perfekt durchdacht und makellos sind und er kann sich das leisten, da er selbst in seinem Tun diesen Ansprüchen gerecht wird.

Nur war es dieses mal keine Übertreibung …

Also rief ich erwähnten Arbeitskollegen an und schilderte ihm meine missliche Lage: Ich brauche (wir reden hier von einem physischem Bedürfnis) einen Porsche. Ach ja und kosten darf er nix.

Nachdem wir zu Ende gelacht hatten, machten wir also einen Termin zur Besichtigung aus – zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nichts über das Auto, nur dass es schon lange stand.

An besagtem Tag entstanden die Bilder rund um diese Textpassagen.

Wenn ihr jetzt schon denkt: Holy Guacamole, damit kann man doch nichts mehr anfangen, dann scrollt ruhig weiter. Steigt ein in den vollen Umfang eines „Yard-Finds“.

Puh, ja ok. Also Karosseriearbeiten kann man hier am untoten Objekt erlernen ja. Stay positive.


Innenraum = Aquarium und feinste Pilz und Kulturzucht. Kabel liegen wirr durchs ganze Auto und auch wenn eigentlich alles da ist, kann man sich bei nichts sicher sein, ob es wirklich noch verwendbar ist.
Cool, sich sowas mal anzugucken, aber der Wagen ist leider too far gone, um für mich als Projekt in Frage zu kommen … 2017.
Denn nichtsdestotrotz machte ich mit dem Verkäufer einen Preis aus. Bezahlung und Abholung allerdings erst wenn ich einen Zweck für den 44er habe oder er dort weg muss, wo er die letzten 17 Jahre lang stand.

[2023]

Abholung


Mittlerweile steht das Auto seit 22 Jahren an der selben Stelle. Aber jetzt ist Bedarf da.
Der Zustand hatte sich allerdings in den fünf Jahren seit dem letzten Besuch nicht wirklich verschlechtert. Offensichtlich war das all time low bereits 2017 erreicht.
Die Reifen waren (trotz vorherigem Aufpumpen) wieder platt, den Hänger haben wir beim Aufladen beschädigt, da der Porsche nicht gerade drauf wollte und am Zugfahrzeug flog eine Leitung des Luftfahrwerks weg, weshalb wir zwischenzeitlich in meinem SX zu dritt los mussten, um einen anderes Daimler-Zugfahrzeug zu holen … Project Car Life at its best. Und das schon ganz am Anfang.


Nach einer stressigen After Work Session, um den Porsche zu seiner letzten Ruhestätte zu bringen, ging an diesem Abend außer einem Dankeschönbier für alle Beteiligten nichts mehr…
Am nächsten Tag konnte ich allerdings nicht widerstehen und musste wenigstens mal die guten Räder draufstecken… bockt halt.



Wie schon Vergangenheits-Max richtig vermutet hatte, war die Karosserie ein toter Vogel. Schweller beidseitig schonmal in den 90ern professionell mit GFK gerichtet und entsprechend rostig. Seitenteile und Heckblech auch übel von der braunen Pest betroffen.
Zur Hölle, selbst Anbauteile haben sich zurück in den Kreislauf der Natur begeben…

Ich hatte noch die milde Hoffnung, dass ich wenigstens den Motor einmal husten hören kann in seinem alten Körper.
Kerzen raus, bisschen Water Displacement Rezept Nummer 40 in die Zylinder gejaucht und mal mit dem Endoskop reingeschaut. Keine Auffälligkeiten, Freigabe zum von-Hand-durchdrehen erteilt.
Auch das ging ohne Probleme.
Nächster Blick auf die (ja plural) Zahnriemen. Gut genug für einen kurzen Startversuch.
Batterie anklemmen, kurz warten und riechen – der Brandcheck – nichts. Ok, dann ab ins Auto und am Knorpel drehen. Nichts. So garnichts.
Die Kofferraumbeleuchtung war das einzige elektrische Bauteil, was ein Lebenszeichen von sich gab.
Man kann ja noch träumen …

Ab hier werden übrigens auch die Bilder besser, da ich tatsächlich eine Kamera und keinen Taschenrechner dafür genutzt habe. Trotzdem gehen Danke und Grüße an André raus, für ein paar der oberen Handypics.

First Wash in 22 Years

Nach jahrelangem „first wash in 1000 years“ Videos gucken, hat es etwas sehr befriedigendes, den AHA-Effekt mal selber zu ERLEBEN … allerdings dauert das seltsamerweise länger als 22 bis 30 Minuten…
Gelohnt hat es sich dennoch. Die letzte Ölung, bzw. Waschung, bevor dieser Porsche auf die Schlachtbank geführt wird…
Und so schlimm ist das Ganze auf einmal garnicht mehr.
Die Frontscheibe kann man wieder einkleben, die Tür schließt auch wie neu, trotz der Abstinenz von struktureller Integrität durch den Schweller. Und Lack wird sowieso überbewertet.
Auch der üble Geruch ist bestimmt nach ein bis zwei Jahren Trocknung verflogen.
Ich sage es, wie es ist: würde ich in einem entsprechend automobil-liberalen Bundesstaat der US of A wohnen, hätte ich den Porsche auch genau so gefahren.
Wäre er denn angesprungen.

Hätte, hätte Steuerkette. Ich lebe aber nicht dort, wo kein TÜV hinkommt und dazu habe ich einen Zwilling, der wiederbelebt werden will, in der Einfahrt. Also so weh es auch tut … noch ein letztes Mal, das erste Mal im eigenen Porsche sitzen und dann her mit dem Schlagschrauber und dem Hammer.
Hübsch wird das nicht …

Max Weiland – USED4.net

@ghettoporsche