Reverence of the Legends

Abweichend von unserem sonstigen Stil, gönnen wir diesem Thema eine kurze Einleitung. Nennen wir es eine Huldigung an vergangene Tage. Und passend dazu erscheinen die Aufnahmen mal nicht in üblicher Farbe. Wir denken, genau diese Bilder finden in simplen Retrotönen eine tiefgehendere Wirkung.

 

 

Ja natürlich sind wir verliebt in den Motorsport. Wir atmen alle abgasgetränkte Luft, die jede Zelle unsererLungen durchströmen. Unser Blut ist angereichert mit Alkanen, Alkenen, Cycloalkanen und aromatischen Kohlenwasserstoffen, die man umgangssprachlich auch Benzin nennt. Sicherlich sitzt unser Geldbeutel auch etwas lockerer als bei der Allgemeinheit, wenn es darum geht, sich dem Deutschen liebstes Hobby zu widmen….wobei…..das war wohl eher früher so. Heutzutage besitzt die Gesellschaft eine doch etwas andere Denkweise. Der Motorsport spürt dies ganz besonders. Legendäre deutsche Strecken stehen kurz vor dem Bankrott, die FIA stutzt unter dem bisweilen vorgeschobenen Argument der Sicherheit an der Individualität herum wo sie nur kann. Geld regiert nunmal die Welt und so steigen die Startgelder der Teams, wie auch die Eintrittspreise für Tribühnenplätze. Immer häufiger bleiben deshalb viele Plätze leer, weil die Menschen  das Interesse am Motorsport verlieren. Doch wie war es in vergangenen Zeiten?

 

 

Erinnert ihr euch noch an die gute alte DTM? In der die 190er Mercedes-Benz sich Kopf an Kopf-Rennen mit BMW 3ern lieferten oder sich mit schon lang ausgetretenen Herstellern wie Opel, Volvo, Ford und Co. duellierten? Legenden wie den Cliff Opel Calibra, der uns nicht nur aus einer damaligen Duschwerbung bestens bekannt war und der unsere Herzen schon im Kindesalter erfreute! JA, DAS war noch Motorsport! Brabbelnde Motoren, die unterschiedlicher nicht sein konnten, angefangen von bellenden Vierzylindern, röhrenden Fünfendern, singenden Reihensechszylindern bis hin zu den bollernden V8 der Audis. Fast wie in Zeiten der Gladiatoren kämpften sie noch ohne große Schutzvorkehrungen in serienahen Fahrzeugen, meistens fair und immer mit dem Messer zwischen den Zähnen um Plätze und Erfolge.

 

Wobei ja nicht nur den alten DTM-Legenden gehuldigt werden müsste. So gab es viele wunderbare GT-Serien in der das Gentleman-Dasein noch groß geschrieben wurde. Es wurde sich alles brüderlich geteilt, aber auch selbstverständlich schwesterlich beschissen. Dennoch war das Menschliche im Kern immer noch sehr präsent. Publikumsnähe war keine hohle Phrase, sondern gelebte Realität. Fahrer und Teams wussten selbstredend, dass sie im großen Motorsportzirkus auf das Publikum angewiesen waren. Genau wie die Akteure in der Manege unterhielten sie die Tribünen mit aufregenden Fights, einer ohrenbetäubenden Soundkulisse und Gerüchen, die die Sinne der Rennsportenthusiasten betörten.

 

Natürlich stehen auch wir für die Sicherheit im Motorsport! Unbestreitbar sind die Revolutionen bei der Sicherheit der Fahrzeuge ein Segen für die Fahrer und uns alle! Doch wie war es denn früher? Furchtlose Männer in ihren waghalsigen Gefährten umkreisten die Nürburg querfeldein durch den Wald. Niemand wusste, ob sein Idol überhaupt lebend in das Ziel kam. Wie auch, bei Fahrzeugen in denen es um erster Linie um die Leistung ging? Es zählte in dieser Epoche der Unterhaltungswert noch weit mehr als die Prestige der Fahrzeughersteller. Die wahren Helden waren die Fahrer! Sie schraubten teilweise noch selbst an ihren Wagen, verbesserten und optimierten sie. Volksfest-gleich wurde aus solch einer Veranstaltung eine Attraktion für jedermann!

 

Beleuchten wir das  Thema Publikumsnähe: Ich möchte dazu meine eigenen Erfahrungen schildern, da ich dieses Jahr zum Formel 1-Event auf dem Nürburgring war. JA es war wirklich gut, Karten für bombastische Plätze, ein Besuch in den Boxen und das Fahrerlager mit einen dezent geschielten Blick hinter die Kulissen ist selbstverständlich ein absolutes Erlebnis. Aber das Zwischenmenschliche fehlte einfach. Bewusst schottet man sich von der Masse ab. Das Publikum zahlt horrende Eintrittspreise für ein, nennen wir es recht ermüdendes Schauspiel, in der sich Millisekunden abgejagt werden. Sicherlich eine beeindruckende Leistung, wozu wir aus Sicht der Ingenieursleistung aktuell im Stande sind, das ist unbestreitbar. Aber was ist mit der Individualität geworden? Der Identität? Kleine Teams wie Marussia haben keine Chance. Beängstigend, dass es nicht einmal Merchandising für die kleinen Teams gibt? Für meine Freundin war ich auf der Suche nach einem Shirt des Russischen Teams….aussichtslos. Der Formel 1-Zirkus der früheren Jahre war zwar ebenso nicht vom Merchandising gesegnet, doch bestach er allem voran durch seine Nähe. Legendäre Teams wie die Weiß-Orangenen Raketen von McLaren oder die Schwarz-Goldenen Lotus Legenden von Nigel Mansell. Das waren noch Fahrzeuge!

 

Natürlich sollte man auch den Ring nicht außer Acht lassen. Der wohl legendärsten Rundstrecke der Welt. Dem Nürburgring oder wie man ihn noch ehrfürchtig nennt, der „Grünen Hölle“. 22,8km pure Ehrfurcht durch Berg und Tal rund um die Burg in der Eifel. Durch Wälder und enge Passagen. Umgeben von einer der schönsten Naturlandschaften Deutschlands. Die Vulkaneifel hat es im wahrsten Sinne in sich: Geformt von Feuer und Schwefel, gibt sie sich auch heute noch diesen Substanzen hin. Wenn auch aus akribisch und ingeniös entwickelten Triebwerken.

 

Fast schon unglaublich, dass der Rundenrekord auf dieser Strecke mit einer Zeit von 6:11,13 Min (und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 200 km/h)vor genau 30 Jahren, am 28. Mai 1983, beim Training zum 1000-km-Rennen aufgestellt wurde und bis heute Bestand hat. Stefan Bellof fuhr mit seinem Porsche 956 dem zweitplazierten Jochen Mass ganze 5 Sekunden bei dieser Teufelsjagd ab und dem amtierenden F1-Weltmeister Keke Rosberg gar ganz 30Sekunden!! 1985 verunglückte Stefan Bellof tödlich in genau diesem Wagen auf der Rennstrecke in Spa, in der Senke „Eau Rouge“ beim Versuch Jacky Ickx zu überholen. Zwar erwähnte Bellof noch kurz vor dem Rennen, dass es unmöglich sei an dieser Stelle zu überholen, doch tat er dies dennoch. Ein Manöver, dass er mit dem Tod bezahlte. Doch so und nicht anders waren nun einmal die jungen Wilden des Motorsports.

 

Zum Abschluss bleibt mir noch zu sagen, das jedem, den bei diesem Artikel das Interesse gepackt hat, der Oldtimer-Grand Prix am Nürburgring wärmstens empfohlen sei. Ein Event, das von genau diesem Flair der vergangenen Tage noch immer zehrt und allem voran Publikumsnähe auf den Fahnen stehen hat. Ein offenes Fahrerlager mit Kultcharakter für jeden Gast und Motorsportgeschichte zum Bestaunen und Anfassen. Im Herzen der Eifel, im Epizentrum des Motorsports, umgeben von der Grünen Hölle direkt auf dem Nürburgring.

Text und Bild aus der Feder von

Philipp Berndt – USED4.net