Leihen heißt teilen: Was es bedeutet, meinen GT-R einem Museum zu überlassen
Was es bedeutet, meinen GT-R im Museum zu lassen
Die Liebe im PACE ist keine einfache. Sie fühlt sich vielmehr wie ein Licht an.
Es ist ein Atemzug. Es ist ein Fenster (oder Fenster, die die Ausstellung umgeben) in eine automobile Welt.
Das Licht legt sich, egal ob natürlich durch die Sonne oder aus den perfekt inszenierten LEDs wie Staub auf eine Schallplatte, lässt die Konturen weicher wirken und gibt dem Raum und all den darin befindlichen Exponaten einen Puls. Und plötzlich klingt hier mein R32 Skyline GT-R etwas anders. Nicht lauter, sondern klarer. Fast so, als hätte das Museum ihm eine neue Stimme gegeben, ohne ihm die Straße zu nehmen.
Als Jean Pierre mich im Dezember fragte, ob ich ihm meinen GT-R leihen würde, musste ich nicht überlegen. Weil es keine Selbstverständlichkeit ist, für Arbeit, Leidenschaft und Haltung gesehen zu werden. Und GENAU deshalb ist dies für mich eine Selbstverständlichkeit, zu teilen. Stolz war da, klar. Ein bisschen Scham auch. Man fragt sich: Ist das Auto wirklich perfekt genug? Entspricht es den Erwartungen? Aber vielleicht ist das die falsche Frage.
Vielleicht geht es darum, dass manche Dinge größer werden, wenn sie vielen gehören. Zumindest für eine Saison.
Es geht nicht über ihn, sondern über das, was er geschaffen hat
Es ist mir wichtig, an dieser Stelle klar zu machen, warum dieser Artikel nicht über Jean Pierre selbst handelt.
Nicht, weil ich ihm zu wenig Respekt zollen würde, im Gegenteil. Ich sehe ihn nicht als Prominenz, sondern als Mensch. Als jemanden, der der deutschen Szene in den letzten Jahren unbestreitbar viel Gutes getan hat. Technisch und auch menschlich.
Aber über ihn ist bereits genug gesagt und geschrieben worden. Er steht im Rampenlicht, er trägt Verantwortung, er inspiriert. Dafür braucht es keine weiteren Hymnen. Das wäre Wiederholung und vielleicht sogar das Gegenteil von dem, was ihn im Kern ausmacht.
Viel spannender ist es, über das zu sprechen, was er erschaffen hat. Denn Orte wie das PACE sind mehr als eine Verlängerung seiner Person. Sie sind ein Geschenk an die Community. Räume, in denen nicht nur die Projekte von JP, sondern auch die Leidenschaft vieler anderer Platz finden.
Gerade als jemand, der die Gelegenheit hatte, sein eigenes Auto dort hineinzugeben, durfte ich sehen, wie respektvoll, professionell und menschlich dieses Projekt geführt wird. Ohne Filter, ohne künstliche Distanz.
Und genau darüber will ich darüber schreiben: nicht über den Menschen, der längst genug Scheinwerferlicht trägt, sondern über das, was er möglich macht. Ein Museum, das nicht von Stars handelt, sondern von Geschichten, Maschinen und einer Kultur, die uns alle verbindet.
Essen Motor Show – 08. Dezember
Die Übergabe an JP war so unspektakulär, dass sie gerade deshalb magisch wurde. Nicht nur wegen dieser Übergabe…einfach weil dieser Tag etwas Umarmendes und Magisches hatte.
Es war der letzte Abend der Essen Motor Show. Stände wurden abgebaut, Tore geschlossen, die letzten Besucher hinausbegleitet: Hektik, Chaos, Kälte.
Mit meinem Freund Markus sinnierte ich noch durch die Hallen, als JP mich plötzlich kontaktierte und sich mit mir absprach, wie wir die Übergabe am schnellsten und besten über die Bühne bekommen. Als ich ihn an seinem Stand beim Abbau traf, hatten er und sein Team Stress ins Gesicht geschrieben, aber trotzdem Zeit für ein Lächeln. Wir sprachen uns kurz ab und natürlich klang das mal wieder alles einfacher als es war. Weil die Hallen untereinander abgeriegelt waren, konnte ich natürlich nicht einfach so „Godzilla“ an seinen Stand fahren. Selbst Jean Pierre konnte daran wenig ändern, als er zu mir kam um mich zu begleiten. Irgendwie schaffte ich es dann über Umwege in die andere Halle zu seinem Stand. Ich machte ein paar Bilder bei der Übergabe, er stieg zu mir in den GT-R, wir fuhren gemeinsam aus den Hallen hinaus, vorbei an abbauenden Crews und stapelnden Gabelstaplern. Kurze Worte, ehrliches Interesse, ein Händedruck und plötzlich war mein Auto nicht mehr nur meins. Also zumindestens fühle es sich irgendwie so an. Aber ich wusste, dass es in wertschätzende Hände kommt.
Das mag komisch klingen…aber irgendwie hatte alles diese leichte Dezember-Magie.
Homologation – oder warum er dort hingehört
Der R32 GT-R ist kein Zufallsprodukt. Er wurde gebaut, weil Nissan Anfang der 90er zurück in die Gruppe A wollte. Homologation bedeutete damals: Man muss ein Straßenauto bauen, um auf der Rennstrecke antreten zu dürfen.
Also bekam er das volle Paket: ATTESA E-TS, Super-HICAS, RB26 mit 280 PS, damals noch offiziell kaschiert, in Wahrheit für den Motorsport entwickelt. Auf der Strecke dominierte er alles. Von 1990 bis 1993 gewann der R32 alle 29 Rennen der All Japan Touring Car Championship. Kein Auto, kein Hersteller kam ihm nahe. Deshalb „Godzilla“. Darum sein generationenübergreifender Legendenstatus.
Die V-Spec-Modelle – Victory Specification – waren die sichtbarsten Brücken ins Reglement: Brembo-Bremsen, 17-Zoll-BBS, ein fein geschärftes ATTESA. Die V-Spec II, mein Modell, setzte noch eins drauf: breitere Reifen, härtere Kalibrierung, mehr Nähe zur Rennstrecke.
Genau deshalb gehört er in eine Ausstellung, die Homologationsfahrzeuge feiert. Weil er nicht gebaut wurde, um damit Rennen zu fahren, sondern weil man gewinnen wollte.
Neugierig? Mehr darüber Erfahrt Ihr in diesem Video
Ein „Kind“ auf Kur – ein Kunstwerk für Alle
Natürlich hörst du Stimmen, wenn du dein Auto ins Museum stellst.
„Wie kann man nur?“
„So viele Menschen, was, wenn jemand nicht aufpasst?“
Ja, es gab diese Bilder am Anfang, als das Museum öffnete: Menschen, die Grenzen überschritten, Respektlosigkeit im Raum. Aber die Wahrheit ist: Kein Ort ist für meinen GT-R sicherer als das PACE.
Die Crew von JP ist professionell, respektvoll und aufmerksam. Kevin und Khan, die mich bei Abholung, Übergabe und Ausrichtung begleitet haben, haben mich nie im Unklaren gelassen. Es fühlte sich an, als hätte ich mein Kind zur Kur geschickt, in die allerbesten Hände.
Aber eigentlich war es mehr: ein Kunstwerk für die Öffentlichkeit.
Nicht, damit ich damit prahle. Sondern damit Menschen, die sonst nie die Chance hätten, so ein Auto aus der Nähe zu sehen, genau das tun können.
Denn wir, die täglich mit solchen Autos leben, verlieren leicht den Blick für ihre Seltenheit. Aber sie bleibt da. Und sie kann nur weiterleben, wenn wir sie teilen.
Februar – Vermessung, Felgen, Verlängerung
Am 6. Februar, einem grauen Tag zwischen Schnee und Regen, fuhr ich mit Alex von LX Felgen nach Dortmund. Einfach so. Fünf Stunden, die sich wie ein Roadtrip anfühlten, mit einer Leichtigkeit, die man nur in der Szene kennt.
Wir brachten die Sterne meiner LMGT3 mit, testeten verschiedene Betten, am Ende passten die vom Lamborghini Diablo perfekt. JP öffnete seine Schatzkammer an Felgen und Felgenbetten und plötzlich standen wir dort, zwischen Projekten wie dem G3, dem Corolla GR Umbau, dem Camaro mit modernster Trackpower oder dem MPowered R32 Projekt.
Der Vorhof voll mit Menschen, die durch die Scheiben starrten, als säßen wir in einem Aquarium. Und mittendrin: ganz normale Gespräche über Autos, Kultur, unsere Szene. Die Erkenntnis wie klein unsere Welt ist, wie wir alle die selben Jungs kennen und man laut staunend realisiert hat wie lange jetzt schon die Format67 „WeWriteTheStreets“ Zeit her ist, in der Philipp von MPS, die Drift Brothers und die halbe JDM Scene Deutschlands sich versammelt hat um ein gewisses Vermächtnis an eine sehr besondere Zeit zu manifestieren. JP war da noch nicht halb so berühmt, wir noch halbe Kids und Daniel Michaelis der Leonardo DaVinci unserer Kultur. Grüße gehen raus an Dich Daniel!
Jean Pierre fragte mich, ob ich mir vorstellen könne, ihm den GT-R länger zu überlassen – für die kommende Ausstellung. Eigentlich war mein Auto eine private Leihgabe an ihn. Eigentlich hatte ich die Ausstellung auf der SEMA geplant, das Ultrace stand im Kalender. Aber am Ende kam es wie so oft: es gab Kompromisse.
Manchmal sehr schöne Kompromisse.
Ultrace – zurück & verändert
Im Juni brauchte ich den GT-R kurz zurück. Club de Ultrace in Wroclaw stand an.
Natürlich konnte ich das Auto nicht wie letztes in Wroclaw hinstellen. Wo würden wir denn da hinkommen, wenn man nicht MINDESTENS ein Detail verändern würde! 😅😂
Kein Auto ist je „fertig“. Es ist ein immerwährender Prozess, den jeder Enthusiast kennt.
Die neuen LMGT3 – Last-Minute fertig. Das Fitment feinjustiert. AP Racing CP5555 mit 355er Discs – ein Traum, den ich seit 2015 in der Schublade hatte. Nismo Old Logo Lenkrad, Titan-Domstrebe, kleine Details, die man erst mit dem zweiten Blick wahrnimmt.
So stand er dort: verändert, gereift, gewachsen und kehrte danach am 21. Juli zurück ins PACE.
Zurück auf diese tolle Bühne, welche zwischenzeitlich JP’s Viper besetzt hatte.
Ein Auto, das lebt, auch wenn es (kurzzeitig) zwischen Glas und Beton steht.
Ein Tag mit Freunden
Als ich den GT-R ins Museum brachte, standen Niels und Yvonne schon da. Wir kennen uns seit vielen Jahren, und es fühlte sich an wie ein weiterer gemeinsamer Schritt auf dieser USED4-Reise.
Ich schwitzte beim Abladen (jeder von euch kennt es, was für ein Martyrium es ist, sein Auto auf und Ab zu laden. Niels und Yvonne kennen meinen Schmerz dabei…auch durch den „Schmerz“ auf dem Ultrace 2023 xD ) Positionieren, beim Detailen der letzten Details!
Man sieht sich leider viel zu selten und wenn, dann hat man sich wirklich viel zu erzählen! Man lacht viel hat, aber auch ernste, inspirierende Themen. Als ich daher fragte, ob die beiden nicht Lust haben, mit mir die Chance zu nutzen und mitten im Museum einen Podcast aufzunehmen, waren beide Feuer und Flamme. Es gibt irgendwie immer viel zu erzählen, gerade weil wir sehr verschiedene Perspektiven besitzen und umso wertvollere Diskussionen führen können. Auf Augenhöhe, was heutzutage selten ist. Das Museum gibt soviel Raum für Gespräche und wir haben nichtmal alle Etagen geschafft!
Unseren gemeinsamen Podcast von diesem Tag findet ihr hier:
Später ging es noch zu BigBoostBurger: gutes Essen und gute Gespräche auch abseits des Mikros passen stets hervorragend zusammen!
Das Wetter war eines Sommers wirklich nicht würdig, aber auch das gehört dazu. Es kann nicht immer nur Sonnenschein geben.
Handwerk im Kleinen, Bedeutung im Großen
Und dann dieser Moment: Adrian von AS Classics überreichte mir ein 1:18‑Modell MEINES GT‑R! So stilvoll, dass selbst mein Herz einen kurzen Moment stillstand. Adrian Schlagowski aus Unna, technischer Modellbauer mit echter Leidenschaft, der sein Hobby 2024 zum Beruf gemacht hat und das sieht man wirklich jedem Bauteil an.
1:18‑Modelle haben in unserer Szene Kultstatus: Sie sind groß genug, um jedem Detail gerecht zu werden… Türgriffe, Teppiche, Sitzstühle, Ganghebel und das alles klein genug, um Deine Handfläche zu füllen. Marken wie Autoart und Ignition sind dafür bekannt, diese Balance zwischen technischer Perfektion und emotionaler Nahbarkeit zu treffen. Kein Massenprodukt. Sondern eine kleine Zukunft in Metall und Farbe perfekt proportioniert. Adrian macht daraus Unikate.
Adrians Version? Die war mehr als ein Modell. Jeder Millimeter erzählt seine Geschichte von den Felgen über die Harnessbar, den gelöteten Auspuff und die Bride Sitze mit den passenden Bezügen und der Unterschrift auf dem Heckspoiler. Alles bis ins kleinste Detail. Ein Mensch mit dem Gespür eines Archäologen für Authentizität, mit der Handwerkskunst eines Goldschmieds für Präzision. Er baute mein Auto in Miniatur so nah an der Realität, dass es aussieht wie geschrumpft!
Und vielleicht war es das, was mich am meisten berührte: Eine Geste der Wertschätzung. Für meine Leidenschaft, meine Geschichte, mein R32. Nicht in Stahl, sondern im Maßstab 1:18. Ganz ohne Verlust an Seele.
Pure Quintessenz.
Danke, Adrian. Für Dein Handwerk, Dein Herz und die Erinnerung, welche jetzt in meinem Büro parkt.
Szene wird Kultur
Dass ein JDM-Auto heute in einem deutschen Museum steht, zwischen Audi A4 DTM, Sauber C9, dem „Grello“ Porsche, Audi R18 e-tron, BMW 2002 Turbo, Clio V6 oder Ford GT40, das zeigt, wie sehr wir gereift sind.
Wir werden älter. Unsere Projekte werden ernster, unsere Kultur erwachsener. Wir mögen immer noch laute Autos, aber wir genießen inzwischen auch die leisen Räume. Orte, an denen Ikonen nicht nur glänzen, sondern erzählen.
Das PACE ist so ein Ort. Keine Absperrungen, keine Glaswände. Ein respektvoller Raum zwischen Mensch und Maschine.
Was bleibt
Ich habe meinen GT-R nicht verliehen, um anzugeben.
Ich habe ihn verliehen, weil Kultur nur lebt, wenn man sie teilt.
Vielleicht wird er irgendwann vergessen, wenn der nächste Hype kommt (was ich mir schwer vorstellen kann).
Vielleicht bleibt er für manche auch immer nur ein Auto, was man schwer real sehen wird.
Aber vielleicht inspiriert er auch jemanden, eben genau diesen Weg zu gehen:
Mit Geduld, mit Respekt, mit Liebe für Details. Mit dem Mut sich auf ein Auto einzulassen, dass in keine Schublade passt.
Und wenn das passiert, dann war es all das wert.
Denn am Ende sind es nicht die PS-Zahlen, die perfekte Sammlung und sporadische Ausfahrten.
Es ist die eine Frage:
Teilst du, was du liebst – oder sperrst du es weg?
Ich habe meine Antwort gefunden.
👉 Podcast: „Nachts im Museum – Teil 1“ mit Used4.net, aufgenommen im PACE.
👉 Besuchsempfehlung: Die aktuelle Homologations-Ausstellung läuft noch bis November.
Text: Philipp Berndt
Photos: Yvonne Spilger, Niels Kreischer, Philipp Berndt
Veröffentlicht auf USED4.net