sport auto High Performance Days 2016

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Jedes Mal wenn ich meine Arme mit der Kamera in der Hand anhebe, um ein Foto zu machen, rinnt mir kalter Regen unter dem Ärmel meiner Jacke langsam den Arm herab. Schuhe und Socken sind bereits seit einer halben Stunde komplett durchnässt und die Kälte kriecht unaufhaltsam in mir hoch. Meine Beine beginnen zu zittern und ich verkürze die Verschlusszeit meiner Kamera auf mehr als eine Zweihundertstel-Sekunde um trotzdem scharfe Fotos zu produzieren. Es wird immer dunkler (f/4 1/200 ISO800) und der Regen lässt einfach nicht nach. Wie nass der Rucksack mit den anderen Objektiven auf meinem Rücken zu dem Zeitpunkt ist, will ich gar nicht wissen. Ich lasse ihn einfach auf und hoffe das Beste.

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Warum nur finde ich Larry Chen so gut?“ – wäre es nämlich nicht so und hätte es diesen Artikel nicht gegeben, wäre ich bei den ersten Tropfen abgehauen. Gleichgültigkeit. Der Drang, es wissen zu wollen ohne Rücksicht auf Verluste, lässt mich an Ort und Stelle stehen bleiben und weiter Fotos machen. „Ist das jetzt weit genug außerhalb dieser Comfort-Zone von der immer alle reden?“ denke ich – keine Ahnung! Wo bin ich eigentlich? 

Hockenheimring, Ostkurs! Schauplatz der 24. Auflage der „sport auto High Performance Days“ und mein eigener Everest. Warum? Vor sechs Jahren habe ich hier mein erstes Driftevent fotografiert. Damals habe ich die Fotos noch in einem regionalen Social-Network hochgeladen und keinen Menschen hat es interessiert.

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Die letzten Jahre hat Niels diese Veranstaltung begleitet, da er aber dieses mal keine Zeit hatte und ich ohnehin zusammen mit dem GT RADIAL Drift Team vor Ort war, freue ich mich, meine Sicht auf dieses ereignisreiche Wochenende mit euch teilen zu können.

Nachdem ich vor Ort aufgrund mangelnden bis nicht vorhandenen journalistischen Fähigkeiten keine Akkreditierung erhalten habe, musste ich alle Fotos von den Tribünen und Zuschauerbereichen aus aufnehmen.

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Die Driftchallenge ist seit Jahren fester Bestandteil dieses Wochenendes und hat schon so manchen herausragenden Fahrer hervorgebracht. Damals 2010 staunte ich schon über die Entrys von Uwe Sener, Axel Mack und Markus Militzer in ihren BMW E36. Zu dem Zeitpunkt waren die Jungs der Smoking Bastards vermutlich noch nicht auf dem Drift-Trip und wenn doch, dann wurde maximal mit alten Ford Sierras durch Thüringens Wälder geballert. Oben beweist Andy Wischneswki, dass man potentiell mangelnde Erfahrung mit Mut kompensieren kann. Mut wurde an diesem Wochenende nämlich mehr als sonst gebraucht. Der Grund hierfür ist einfach, diese Runde ging rückwärts. Wurde sonst von der Mercedes-Kurve in Richtung Spitzkehre, die dann in die Parabolika übergeht, gedriftet, ging es diesmal mit Spitzengeschwindigkeiten von 200 km/h+ von der Spitzkehre kommend in Richtung Mercedes-Kurve.

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In der Praxis hieß das sehr viel Arbeit für die Streckenposten vor Ort, die mit dem Schwenken der Gelben Fahne manchmal gar nicht aufzuhören brauchten, da bereits der Nächste zu schnell in die Mercedes-Kurve flog. Am Ende qualifizierten sich dann nur 17 der genannten 52 Fahrer für die Finals, was auf jeden Fall mit dem anspruchsvollen Streckenlayout zusammenhing, da es unter den Startern des Wochenendes nur einige wenige Nasenbohrer gab. Das Feedback der Fahrer zum Layout aus der Feder von sport auto Fahrer Uwe Sener war aber durchweg positiv und die Starter tasteten sich nach und nach an den schmalen Grenzbereich des Tracks.

Leider gar nicht positiv war das Feedback zu den am Samstagmorgen aufgestellten Reifenstapeln (oben zu sehen) im Außen- und Entrybereich der Mercedes-Kurve. Was hat man sich hierbei nur gedacht? Wollte man die Wiese, die manche Fahrer aufgrund des Regens am Freitag für den Entry mitnutzen schützen? Mir hat sich diese unnütze Ansammlung von Altreifen nicht erschlossen und am Samstag forderten sie dann ihren Tribut…

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Im Battle gegen den BMW E46 von Van Hoorick, den beim Umsetzen der Mut verlassen haben muss, zog Rene Portz vom GT RADIAL Drift Team in seinem Lexus IS200 den Kürzeren. Es galt abzuwägen, ob man sich in den vorausfahrenden BMW drücken oder die Wiese nutzen sollte. Rene entschied sich zur Schadensbegrenzung für die Wiese und räumte alle aufgehäuften Reifen auf einmal ab. Mir hat in diesem Momentt der Atem gestockt, da Rene nicht nur ein Team-Kollege, sondern auch ein langjähriger Freund ist. Als Mensch, der immer dann zu viel über alles nachdenkt, wenn ich es nicht tun sollte, hat mich diese Ereignis stark beeinflusst und ich war sehr froh, als Rene aus dem Auto ausstieg und es ihm gut ging.

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Zurück zu den Finals der Driftchallenge, bei denen Uwe Sener zu dem Zeitpunkt bewies, was in ihm und seinem E36 steckte. Für eine Top-Platzierung reichte es am Samstag leider, trotz dieses super engen Battles nicht, wobei ich gar nicht genau sagen kann, warum nicht. So nah wie hier war an diesem Wochenende übrigens niemand an einem anderen Wagen dran.

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Gut aufgeräumt haben auch auch Joe und Eli Hountodnji vom Team Driftbrothers in ihren unfassbar lauten Driftautos. Für die beiden reichte es am Ende für den zweiten und dritten Platz des Wochenendes.

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„Hard drifting needs hard celebration!“ – was man den Driftbrothers nicht zweimal sagen muss und so wurde vor der Siegerehrung das berühmte Restprofil von den Reifen geschrubbt.

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Mann der Stunde war am Ende aber Markus Militzer, der sich mit diesem Sieg einen Meilenstein in seiner Drift-Karriere gesichert hat. Er war 2002 das erste Mal vor Ort und startete dann 2008 den Versuch als Teilnehmer mit seinem BMW E36 M3. Im Battle gegen Joe zeigte er dann aus welchem Holz er geschnitzt ist und setzte sich eindrucksvoll als Sieger der Driftchallenge 2016 durch. „Als ich im Finale gegen Joe fahren durfte, bin ich vor Glück fast aus dem Auto gesprungen. Seit meinem ersten Besuch in Hockenheim war es mein Ziel einmal auf dem Treppchen zu stehen. Als ich dann erfahren habe, dass ich gewonnen hatte, war das wohl einer der emotionalsten Momente als Drifter.“ so der geflashte Markus später auf Facebook. Herzlichen Glückwunsch!

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Bretzel-Bub Felix Berger errang im E30 M3 gegen Eli Hountondji den vierten Platz und überlegt, sich nächstes Jahr auch die Haare abzurasieren um diesen vermeintlichen Vorteil nicht an sich vorbeiziehen zu lassen. Irgendwas scheint ja an der Sache dran zu sein, wenn man sich das Podium mal genauer ansieht.

Am Sonntag gab es dann in der Sachs-Kurve den Big-Entry-Contest, zu dem alle Drifter nochmal richtig aufdrehen konnten und sich die Besten vom Samstag dem begeistertem Publikum stellen durften. Wobei so richtig aufdrehen durften die Drifter eigentlich nicht. Zumindest nicht sonderlich lang, da jedes mal wenn die Stimmung gerade gut war einer im Pick-Up angefahren kam und die Drifter am Driften gehindert hat. Wild gestikulierend wurden die Gladiatoren der Arena verwiesen. Das ist ungefähr so, als würdest du Freunde zu einer Feier zu dir nach Hause einladen und dann zwei Kisten Fanta auf den Tisch stellen. Würdest du nicht tun, oder?

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Wie auch immer, am Ende gab es für die zahlreichen Zuschauer trotzdem ein buntes Spektakel aus schnellen Flicks, viel Qualm und einer attraktiven Competition zu sehen. Im Single-Player-Modus ging es für die Fahrer durch die Sachs-Kurve. Der Entry musste dabei bereits auf Höhe der Mobil1-Kurve eingeleitet werden und die Strecke zu verlassen war untersagt, was die Fans von „Dirtdrops“ das Stadion bereits vor Abpfiff verlassen ließ.

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Nachdem nahezu alle Faher eliminiert wurden, blieben nur noch Christoph Krämer vom GT RADIAL Drift Team und sport auto Fahrer Uwe Sener übrig. Die Entscheidung überließ die Jury am Ende dem Publikum und so wurde Uwe Sener aufs Treppchen des Big-Entry-Contest geklatscht. In Zwischenzeit schoss ich das Drift-Foto meines Lebens. Klar, Larry Chen schüttelt eine Zehntelsekunde einarmig aus der Kamera, aber für mich war es nach meinem Drift-Foto-Debüt vor sechs Jahren ein fantastischer Abschluss dieses ereignisreichen Wochenendes mit all seinen Höhen und Tiefen.

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Vielen Dank an das GT RADIAL Drift Team für dieses wunderbare Wochenende und den Abschluss des turbulenten Monats. Der Juni wird mit dem King of Europe Event in Anneau du Rhin am 11. und 12. mindestens genau so gut.

Stefan Brencher – USED4.net 

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